Sonntag, 30. Mai 2010

"Das arme Mädel!" oder "Wir sind Lena!"

Erst die Euphorie und vielleicht bald der Absturz? Sind wir dann auch Lena?

30. Mai 2010, 0:11 Uhr, Oslo. Es ist offiziell. Lena gewinnt den Eurovision Song Contest 2010 für Deutschland. Eine Zitterpartie, eine Aufgabe von nationalem Wert ist beendet, die seit Wochen in den Medien kursierte. Lena hier. Lena dort. Lena, die steile Karriere. Lena - von der Schüchternen zur Professionellen. Lena, die Natürliche.
Es ist immernoch der 30. Mai und immernoch wird gefeiert. Zu Recht. Der Erfolg ist nicht von der Hand zu weisen. Sich neben dem Abitur solch einer Stresssituation auszusetzen - das erfordert Mut. Während der Prüfungen noch den Kopf für den Medienrummel zu haben - das erfordert Konzentration. Hut ab vor dir, Lena, dass du die Natürlichkeit bewahrt hast. Du hast uns begeistert und du hast uns euphorisiert. Mit der Leistung hast du uns gezeigt: Selbst mit einfachen Dingen kann man Großes gewinnen und man kann, wenn man will.
Doch nach all den Feiern, nach dem Freudentaumel, nach der Hype-Phase ... Was kommt dann? Wie wird es weitergehen? Wird Lena weiter ihre berauschende Natürlichkeit behalten? Wird sie vielleicht in der Musikbranche bleiben? Zuzutrauen ist es ihr - es wäre gar ein Traum der meisten Fans. Ein neuer Star am Himmel der deutschen Popmusik. Das Fundament, der Beginn, ist mit einem Riesenerfolg gepflastert. Kann man da noch mehr rausholen? Kann man das noch toppen? Wird es jetzt nicht enttäuschender, wenn die ganz großen Erfolge ausbleiben? Muss man jetzt nicht fragen: Was wären jetzt die Erfolge, die Lena noch gewinnen könnte? Wenn sie schon an der Spitze des Erfolges ist - wo die meisten europäischen Künstler auch gerne mal wären - wie geht es denn weiter? Nur bergab vielleicht?
Bergab heißt in der Medienbranche leider auch Misserfolg. Nach Misserfolgen kommt leider nicht selten der persönliche Abstieg. Manche verfallen dem Alkohol, mache den Drogen und mache dem Leben.
Mit 18 und jetzt 19 Jahren solch einen Erfolg zu haben ist zwar der Traum eines jeden Teenagers, doch warne ich vor den Folgen. Lasst Lena erst einmal das Leben kennen lernen! Dafür appeliere ich. Lasst ihr erst einmal Zeit, das Leben zu fühlen. Baut keinen Druck auf und redet ihr nicht ein, dass sie es besser kann. Sie hat sich und der Welt gezeigt: Sie kann alles richtig machen - wenn sie es will. Redet ihr nichts ein. Lasst sie (er)leben...
Und Hand auf's Herz: Wer wird ihr dann wieder aufhelfen, wenn sie doch hinfällt? Wer wird dann rufen "Wur sind Lena"?
Zum Schluss muss ich meinen Hut noch vor Stefan Raab ziehen. Den "Chaot von Pro 7" konnte ich bisher nicht wirklich leiden. Musikalisch hat er mich aber immer wieder erstaunt. "Wadde Hadde Dudde Da" war für "Deutsche-Grand-Prix-Verhältnisse" ein Lichtblick. Ein eideutiges Dada-Lied - aber mit Erfolg. Mit seiner Nase für den Contest - vielleicht gerade durch den unkonventionellen Stil - war erstaunlich präzise und er kam damit gut an. Eines muss man ihm bei aller Kritik lassen: Er ist ein Talentförderer in Sachen Contests.
Doch hier schließt sich auch die Bitte an: Verleiten Sie Lena nicht zu Mammutaufgaben. Lasst sie leben - das Leben erleben. Lasst sie natürlich.
In diesem Sinne - und in der Hoffnung auf kritikreiche Leser
Stuamus

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